Beschneidung

Etwa ein Drittel aller Männer auf der Erde sind beschnitten, ob aus religiösen oder medizinischen Gründen. Die Zirkumzision, wie die Beschneidung im Fachjargon genannt wird, ist eine der am häufigsten praktizierten körperlichen Eingriffe. Sie erfolgt meist ambulant und gilt als risikoarm. Dennoch werden immer wieder kontroverse Diskussionen darüber geführt.

Ärchäologische Funde bestätigen, dass bereits in der Steinzeit zur Markierung der Stammeszugehörigkeit Männer beschnitten wurden. Auch in anderen Kulturen gilt die Zirkumzision als Teil des Initiationsritus, als kulturelles Symbol der Zugehörigkeit oder Verdeutlichung der Männlichkeit. Einige Jungen und Männer sind jedoch aus medizinischen Gründen beschnitten oder teilbeschnitten.

Was passiert bei einer Beschneidung genau? Welche Risiken birgt dieser Eingriff? Wie verläuft die Heilung am besten? Und welche Vorteile bringt die Zirkumzision für den Mann? Dieser Beitrag informiert Sie umfassend über das Thema Beschneidung.

 

Was ist eine Beschneidung?

Die Zirkumzision ist die Beschneidung am männlichen Glied. Bei dem Eingriff wird die Vorhaut, ein beweglicher, zweischichtiger Hautlappen, der die Eichel umschließt, teilweise oder ganz entfernt.

Die Zirkumzision ist abzugrenzen von der Beschneidung weiblicher Genitalien. Dieser Eingriff ist in den meisten westlichen Ländern verboten und unter hohe Strafe gestellt. Die weibliche Beschneidung wird unter Medizinern, Ethikern und Menschenrechtlern der Verstümmelung gleichgesetzt.

Der Begriff Zirkumzision beschreibt ausschließlich einen Eingriff an der Vorhaut des männlichen Gliedes unter Erhaltung aller anderen Strukturen des Penis.

 

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Welche Gründe gibt es für eine Beschneidung?

Die Beschneidung beim Mann wird in vielen Ländern und Kulturen aus diversen Gründen durchgeführt.

 

Beschneidung aus sexuell motivierten Gründen

Durch verschiedene Untersuchungen und Studien in den USA, Großbritannien, afrikanischen Ländern und Australien wurde ermittelt, dass ästhetische Beweggründe für eine Zirkumzision vor allem sexuell orientiert sind. Denn viele Männer aus den untersuchten Ländern nehmen sich selbst als attraktiver wahr, wenn die Vorhaut des Penis entfernt ist. Inwiefern die Kultur oder die Medien auf diese Einstellung Einfluss haben, ist nicht klar.

Auch bei einigen Frauen steigt die Attraktivität des Partners mit der Entfernung der Vorhaut. Laut dieser Studien empfinden Frauen mehr Lust beim Geschlechtsverkehr mit beschnittenen Männern. Dies ist vor allem auf den längeren Sexualakt sowie den späteren Samenerguss zurückzuführen.

 

Beschneidung aus hygienischen Gründen

Normalerweise ist der Raum zwischen der Vorhaut und der Eichel eines unbeschnittenen Gliedes durch pathogene Keime besetzt. Staphylokokken, Escherichia coli oder Proteus mirabilis sowie Hefepilze und Viren sind häufig anzutreffen. Bei einer Zirkumzision wird der Raum durch die Entfernung der Vorhaut trocken gelegt, sodass sich Bakterien wesentlich weniger halten und vermehren können. Ein weiterer Grund dafür ist die Entfernung der Langerhans-Zellen, welche in der Vorhaut liegen und für die Übertragung verschiedener Viren beim Geschlechtsverkehr verantwortlich sind.

Zudem wird durch eine Beschneidung die Entstehung von Smegma verhindert. Smegma ist der Begriff für ein Talg-Bakterien-Zell-Gemisch, welches sich zwischen der Vorhaut und der Eichel sammelt und bei mangelnder Intimhygiene zu Entzündungen führt. Diese Entzündungen begünstigen über einen längeren Zeitraum die Entstehung von Peniskrebs. 

 

Religiöse Beschneidung – Warum lässt sich ein Mann beschneiden?

Beschneidung der Jungen im Judentum

Die Beschneidung der jüdischen Jungen ist in der Tora festgehalten: „Das aber ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Geschlecht nach dir: Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden; eure Vorhaut sollt ihr beschneiden. Das soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch. Jedes Knäblein, wenn’s acht Tage alt ist, sollt ihr beschneiden bei euren Nachkommen.“ 

Deshalb lassen jüdische Familien ihre Söhne am achten Tag nach der Geburt durch einen sogenannten Mohel beschneiden. Dieser ausgebildete jüdische Beschneider ermöglicht es dem männlichen Säugling, den Bund mit Gott einzugehen und in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen zu werden. Zugleich erhält der Junge bei der Brit Mila seinen Namen. Die Beschneidung ist mit einem großen Fest verbunden.

Trotz vieler Diskussionen und Verbote hat sich das Ritual der männlichen Beschneidung bis heute gehalten und wird in über 90 % der jüdischen Familien bei Geburt eines Jungen praktiziert. 

Nach dem Zerfall der Sowjetunion, in der jüdisches Leben nur im Geheimen stattfinden durfte, stellte sich heraus, dass sehr wenige sowjetische, jüdische Männer beschnitten waren. Seit den 1990er Jahre holen jedoch die meisten Männer ihre Brit Mila im Erwachsenenalter nach.

 

Beschneidung der Jungen im Islam

Die Beschneidung muslimischer Jungen ist weit verbreitet und geht zum einen auf Abraham und zum anderen auf Mohammed zurück. Die Beschneidung findet in der Regel im Kindesalter statt. Sie ist nicht explizit als Gebot im Koran erläutert, findet aber in diversen Schriften Erwähnung.

Die Beschneidung gilt deshalb als Zeichen der Gottesfürchigkeit, der Verbundenheit zum Urvater Abraham und dem Wunsch, prophetenähnlich zu sein.

Deshalb wird die Beschneidung im Islam als religiöse Pflicht gesehen und schon sehr früh durch die Eltern in Auftrag gegeben. Meist findet dabei ein sehr großes Fest statt.

 

Beschneidung im Christentum

Bis zum Jahr 1962 feierten die Christen am 1. Januar, acht Tage nach dem Geburtsfest Jesu, die „Beschneidung des Herrn“, auch wenn mit der Begründung des Neuchristentums diese jüdische Tradition bei Gläubigen schon Tausende Jahre nicht mehr stattfand. Das Ritual der Brit Mila, bei der der neugeborene Säugling auch seinen Namen erhielt, wurde durch die Taufe abgelöst.

Lediglich die Koptisch-Christliche Kirche, die Äthiopisch-Orhodoxe Kirche und die Eritreisch-Orthodoxe Kirche praktizieren die Beschneidung weiterhin. 

 

 Beschneidung in anderen Kulturkreisen

Durch die Propagierung, Masturbation können schwere Krankheiten wie Tuberkulose oder Epilepsie auslösen, verbreitete sich die Beschneidung zur Verhinderung von Selbstbefriedigung in der britischen Oberschicht sowie in den britischen Kolonien Australien, Indien, USA, Neuseeland und Südafrika. Noch heute ist eine Vielzahl der Männer und Jungen im englischsprachigen Raum zirkumzidiert, wobei die Zahl seit Streichung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen abnimmt. 

In Südkorea sind mehr als 80 % der Männer beschnitten, wobei der Eingriff nahezu immer erst im Teenager- oder Erwachsenenalter stattfindet. Hintergrund ist das durch US-amerikanische Medien geprägte Schönheitsideal.

Auf den Philippinen werden alle Jungen in der Pubertät beschnitten. Dieses Ritual ist vermutlich auf islamische Einflüsse im 16. Jahrhundert zurückzuführen. Der Eingriff findet ohne jegliche Betäubung durch einen medizinisch ungelernten Ortsbeschneider statt. Die Beschneidung ist gesellschaftlich so verwurzelt, dass nicht beschnittene Jungen schweren Demütigungen ausgesetzt sind.

In vielen Ländern Afrikas, in denen die HIV-Rate sehr hoch ist, wurde die Beschneidung als Präventionsform propagiert. Viele Männer ließen sich seitdem zirkumzidieren, woraufhin auch die Zahl der HIV-Neuinfektionen zurückging. Mittlerweile sind die Mitglieder vieler Stämme zirkumzidiert und erleben dieses Ritual als Norm.

 

Medizinische Beschneidung – Wann ist eine Beschneidung notwendig?

Im frühen Säuglings- und Kindesalter ist es physiolgisch, wenn die Vorhaut mit der Eichel verklebt ist und sich nicht zurückziehen lässt. Bis zum Abschluss des 3. Lebensjahres können etwa 90 % der Jungen die Vorhaut ganz oder teilweise zurückstreifen. 

Wenn jedoch immer wiederkehrende Entzündungen der Vorhaut, der Eichel oder der Blase auftreten, kann eine Beschneidung aus medizinischen Gründen indiziert sein. 

Auch eine zu enge Vorhaut (Phimose), die im erigierten Zustand nicht zurückgezogen werden kann und schmerzt oder beim Wasserlassen zu Sekretionsproblemen führt, macht in vielen Fällen eine Zirkumzision notwendig. 

Bei einer Paraphimose kann die zurückgezogene Vorhaut nicht mehr über die Eichel vorgestreift werden, sodass sie anschwillt. Diese Situation ist ein medizinischer Notfall und macht eine Vorstellung beim Urologen notwendig. Gegebenenfalls muss die Paraphimose mit einer Teilbeschneidung behoben werden.

 

 

Welche Formen der Beschneidung gibt es?

Die Beschneidung kann vollständig oder teilweise erfolgen. Während bei der vollständigen Zirkumzision die Vorhaut um die Eichel gelöst und komplett entfernt wird, bleibt bei der Teilbeschneidung ein beweglicher Vorhautrest erhalten, der die Eichel zu einem mehr oder weniger großen Teil bedeckt. 

Welche Form der Beschneidung angewandt wird, hängt vom Alter, vom Allgemeinzustand und vom Wunsch der Patienten ab.

 

Plastibell

Diese Technik findet vor allem bei Kindern Anwendung. Dabei bringt der Chirurg eine Glocke, die sogenannte Plastibell über der Eichel an. Die Vorhaut wird darüber gezogen und am Glockenansatz mit einem Faden abgebunden. So löst sich der abgebundene Teil der Vorhaut nach etwa 10 Tagen selbständig ab.

 

Tara-Klemme

Die Tara-Klemme ist eine Kunststoff-Vorrichtung, welche über die Eichel gezogen wird. Die zurückgezogene Vorhaut wird anschließend über die Klemme vorgeschoben und fixiert. Ein integriertes Messer trennt die Vorhaut ab.

 

Zangentechnik

Eine weitere Form der Beschneidung ist die freie Durchtrennung an einer vorher markierten Stelle. Die Zangentechnik ermöglicht eine große Einflussnahme auf die Straffheit der Haut und die Masse der Hautentfernung. Der Chirurg fasst bei dieser Methode die Vorhaut, durchtrennt sie und näht die flankierenden Ränder aneinander. 

 

Welche Beschneidungsstile gibt es?

Die Stile der Beschneidungen variieren ebenso wie die Arten der Beschneidung. In der Medizin unterscheiden die Ärzte mit „low“ und „high“ die nah oder fern der Eichel liegende Narbe. „Thight“ und „loose“ definiert die Straffheit der Haut über dem Penisschaft im nicht erigierten Zustand, wobei die Bezeichnung „tight“ für wenig Bewegungsspielraum und „loose“ für ein faltigeres, lockeres Bild steht. 

 

Was passiert bei einer Beschneidung?

In einem Vorgespräch informiert der Arzt den Patienten über den Eingriff, die Risiken und klärt Fragen bezüglich der operativen Technik. 

Der Eingriff kann in Vollnarkose oder bei örtlicher Betäubung stattfinden. In der Regel operiert der Arzt ambulant und die Betroffenen können wenige Stunden nach der Zirkumzision wieder nach Hause gehen. Für die Wundnaht verwendet der Mediziner selbstauflösende Fäden, die nicht entfernt werden müssen.

 

Gibt es Risiken bei der Beschneidung?

Die Beschneidung ist ein sehr komplikationsarmer Eingriff. Neben den gängigen Operationsrisiken wie Blutungen, Schwellungen oder Narkosekomplikationen können auch Wundheilungsstörungen auftreten. 

Nach dem Eingriff sind vorübergehende Schmerzen, leichte Schwellungen oder Blutergüsse normal. Durch ungewollte Erektionen kann jedoch die Naht einreißen. Während der ersten Tage berichten Patienten oft über Empfindungsstörungen in der Eichel oder leichtes Brennen beim Wasserlassen. 

 

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Wie verläuft der Heilungsprozess?

In den ersten zwei Wochen sollten sich die Betroffenen schonen und auf Baden sowie langes Duschen verzichten. Bei Schmerzen oder Blutergüssen sind Kühlungen sinnvoll. Für eine rasche Heilung haben sich Salben und regelmäßige Verbandswechsel bewährt. Nach etwa 3 Wochen ist die Wunde verheilt und die Betroffenen können wieder ihren normalen Tätigkeiten nachgehen.

Geschlechtsverkehr ist ebenfalls nach etwa 3 Wochen möglich. Zur Vermeidung eines Nahtrisses empfiehlt es sich jedoch, für etwa 3 Monate Gleitmittel zu verwenden, um den Reibungswiderstand zu verringern. 

 

Wer bezahlt die Beschneidung?

Die Kosten für eine Beschneidung werden nur dann von den Krankenkassen übernommen, wenn eine medizinische Indikation, beispielsweise eine Phimose vorliegt. Andernfalls müssen die Betroffenen den Eingriff selbst bezahlen. Die Kosten variieren zwischen 300 und 500 Euro.

 

Beschneidung im Kindesalter versus Beschneidung beim Mann

Prinzipiell raten Mediziner, eine Beschneidung bei Kindern vor dem Entdecken der Sexualität vornehmen zu lassen. Denn wenn beispielsweise eine Vorhautenge Probleme bereitet, kann der Eingriff bei Jugendlichen die psychische Verarbeitung erschweren. 

Zudem bildet sich bei erwachsenen Männern häufiger eine sogenannte Striktur (Narbengewebe vehärtet sich), die wiederum zu Einschnürungen im Bereich der Narbe führt, sodass eine Folgeoperation indiziert ist. 

 

Fazit

Eine Beschneidung zählt zu den am häufigsten durchgeführten Eingriffe und ist sehr komplikationsarm. Während Jungen aus religiösen oder medizinischen Gründen beschnitten werden, unterziehen sich Männer eher aus ästhetischen oder sexuellen Gründen einer Zirkumzision.

Bei der Beschneidung wird die Vorhaut durch unterschiedliche Methoden entfernt. Die Zirkumzision kann unter Vollnarkose oder örtlicher Betäubung stattfinden. Der Heilungsverlauf ist meist komplikationsarm und schon nach kurzer Zeit ist die Narbe verheilt.

 

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