Histaminunverträglichkeit

Essen ist Balsam für die Seele. Doch das gilt nicht für alle Menschen, denn viele reagieren auf verschiedene Inhaltsstoffe in Lebensmitteln mit Unverträglichkeitsreaktionen. Einer dieser Inhaltsstoffe ist Histamin. Etwa 1 bis 3 % der Gesamtbevölkerung leiden unter einer Histaminunverträglichkeit, mehr als 80 % davon sind Frauen zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr. Es wird jedoch vermutet, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt, da sich die Diagnostik sehr schwierig gestaltet.

Bei Personen mit einer Histaminunverträglichkeit sorgt die Erkrankung für unterschiedlichste Beschwerden wie Durchfall, Juckreiz, Migräne oder Atembeschwerden.

Erfahren Sie in diesem Artikel, was eine Histaminunverträglichkeit überhaupt ist, welche Gesichter die Erkrankung hat und wie sie behandelt wird. Zudem geben wir Tipps, wie Sie histaminfrei durch den Tag kommen können.

Was ist eine Histaminunverträglichkeit?

Die Begriffe Histaminunverträglichkeit und Histaminintoleranz werden oft synonym verwendet. Das liegt daran, dass Ärzte ursprünglich vermuteten, dass Histamin-bezogene Probleme durch eine Abbaustörung des Enzyms Diaminooxidase verursacht werden. Der Begriff „Histaminintoleranz“ ist durch die Anlehnung an den Begriff „Laktoseintoleranz“ geprägt, weil auch hier die Abbaustörung eines Enzyms zugrundeliegt. 

Mittlerweile ist jedoch klar, dass die Ursachen für Histaminprobleme vielfältig und nicht nur auf die Abbaustörung zurückzuführen sind. Deshalb hat sich der Begriff „Histaminunverträglichkeit“ durchgesetzt. Nur wenn klar ist, dass es sich um eine „enzymatisch bedingte Histaminabbaustörung“ handelt, kann die Diagnose „Histaminintoleranz“ gestellt werden. 

Die Histaminunverträglichkeit 

Bei einer Histaminunverträglichkeit liegt eine Störung des Histaminhaushaltes vor. Durch eine Vielzahl von Faktoren kommt es zu einem Überschuss an Histamin, sodass der Spiegel im Blut die Normwerte übersteigt. Der Organismus ist in dem Fall nicht in der Lage, diesen Histaminüberschuss abzubauen. Ab einer definierten Toleranzschwelle sorgt der eigentlich für viele Körperfunktionen wichtige Botenstoff Histamin für Vergiftungen, sodass diverse Vorgänge im Organismus nicht mehr funktionieren. 

Die Histaminintoleranz

Bei der als HIT bezeichneten Erkrankung liegt eine Störung in der Enzymkette vor. Oftmals ist die Ursache in der Aktivitätsminderung des Enzyms Diaminooxidase zu sehen, doch auch jedes andere Enzym, was im Abbauprozess beteiligt ist, kann zu einer Histaminintoleranz führen. Infolgedessen wird das Histamin im Körper nicht mehr abgebaut. Da sehr viele Enzyme in der Darmwand gebildet werden, liegt es nahe, dass es in den meisten Fällen bei der HIT zu gastrointestinalen Beschwerden kommt. 

Welche Ursachen hat eine Histaminunverträglichkeit?

Histamin ist ein natürlich vorkommendes, wasserlösliches Amin. Es wird im Körper aus der Aminosäure Histidin gebildet. Besonders in Mastzellen, aber auch in anderen Blut- und Gewebezellen kann Histamin synthetisiert und gespeichert werden. Grund dafür ist, dass Histamin als immunologisches Amin (Entzündungen, Infekte) eine wichtige Rolle spielt und bei Bedarf durch die Mastzellen sofort ausgeschüttet werden muss, sodass es im Blut zirkulieren kann.

Histamin kommt jedoch auch in bestimmten Konzentrationen in Lebensmitteln vor, da es bei der Gärung oder Reifung entsteht. In der Regel unterscheidet sich dieses Histamin jedoch molekular von dem des Menschen und kann daher beim Gesunden durch eine natürliche Barriere nicht über die Darmschleimhaut aufgenommen werden, sodass es unverdaut wieder ausgeschieden wird. 

Bei einer Histaminunverträglichkeit besteht ein Missverhältnis zwischen Zufuhr und Abbau des Histamins, sodass der Blutspiegel steigt. In den meisten Fällen gibt es nicht DIE Ursache, die Histaminunverträglichkeit ist vielmehr eine Kombination körperlicher Faktoren und Umwelteinflüsse. 

  • exogene Histaminzufuhr aufgrund einer Darmdurchlässigkeit

  • eingeschränkte Histaminsynthese

  • zu viel Freisetzung von körpereigenem Histamin

  • veränderte Empfindlichkeit der Histaminrezeptoren

  • Störung beim Histaminabbau durch Enzymmangel

  • pathologische Mastzellaktivierung

Eine Histaminunverträglichkeit ist ein multifaktorielles Problem, da die Einflussfaktoren meist in Kombination auftreten und dadurch die Diagnosestellung erschwert ist.

Wie äußert sich Histaminintoleranz?

Histamin ist an einer Vielzahl von Stoffwechselvorgängen im menschlichen Organismus beteiligt. 

Die wichtigste Funktion entfaltet Histamin bei einem vermeintlichen "Angriff", einer Allergie.

Dann vermitteln die Histamin-H1-Rezeptoren bekannte allergieartige Wirkungen wie Juckreiz, Entzündungen und Schmerzen, sowie Muskelkontraktionen in den Bronchien und in den Blutgefäßen. 

Über die H2-Rezeptoren werden die Magensäureproduktion und die Darmbewegungen gesteigert, sowie der Herzschlag beschleunigt. 

H3-Rezeptoren verringern die weitere Freisetzung von Histamin, initiieren dafür jedoch die Ausschüttung anderer Neurotransmitter, die besonders in den Nervenzellen fungieren.

Über die H4-Rezeptoren werden Immunzellen zur Histaminquelle geleitet, sodass Abwehrzellen den Entzündungsherd aufspüren können.

Wenn man versteht, dass Histamin an diversen Körperfunktionen beteiligt ist, dann lassen sich auch die vielen Symptome bei einer Histaminunverträglichkeit erklären. 

Die vielen Gesichter der Erkrankung

Die meisten Symptome treten bei einer Histaminunverträglichkeit im zeitlichen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auf. In der Regel verspüren Betroffene schon nach etwa 15 Minuten die ersten Anzeichen, wobei viele Symptome auch noch nach Stunden auftreten können.

Nicht alle Patienten reagieren gleich, denn der Schweregrad ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während die einen nur nach üppigen Mahlzeiten Symptome verspüren, leiden andere so stark unter der Erkrankung, dass sie arbeitsunfähig sind.

Doch auch die Patienten selbst reagieren sehr unterschiedlich. Dasselbe Gericht kann einmal gut und einmal schlecht vertragen werden. Grund ist die sehr variable Histaminmenge, die beispielsweise bei leicht verderblichen Produkten von Tag zu Tag mehr wird oder bei anderen Lebensmitteln erst mit bestimmten Zutaten oder bei falscher Lagerung zu einem Problem wird.

Physische und Psychische Symptome der Histaminunverträglichkeit

Physische Symptome bei Histaminunverträglichkeit

  • gastrointestinale Beschwerden wie Durchfall, Bauchkrämpfe, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen

  • Beschwerden des Herz-Kreislauf-Systems wie Herzrasen, Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen

  • Probleme an Haut und Schleimhäuten wie Nasenlaufen, Niesen, verengte Atemwege, Asthma, rotes Gesicht, Juckreiz, Urtikaria, Ödeme

  • Beschwerden im Nervensystem wie Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel, Nervosität

  • hormonelle Probleme wie Menstruationsbeschwerden, Dysmenorrhoe

Psychische Symptome bei Histaminintoleranz

  • Konzentrationsbeschwerden

  • Müdigkeit

  • Panikattacken

  • Reizbarkeit

  • Aggression

Was tun bei Histaminintoleranz?

Kaum eine Erkrankung spaltet die Medizinwelt so sehr wie Histaminunverträglichkeit. Denn derzeit gibt es keine eindeutigen Diagnoseverfahren, mit denen eine Histaminunverträglichkeit gesichert nachgewiesen werden kann. Während einige Ärzte die Diagnose ablehnen, akzeptieren andere die Erkrankung mit den vielen Gesichtern und empfehlen verschiedene Behandlungsmethoden. 

In der Regel bestehen diese aus der Vermeidung von histaminhaltigen Lebensmitteln sowie bestimmten „verdächtigen“ Medikamenten und gegebenenfalls der Einnahme spezifischer Histaminintoleranz-Medikamente.

 Welche Medikamente gilt es bei Histaminunverträglichkeit zu vermeiden?

  • Röntgenkontrastmittel

  • Muskelrelaxantien 

  • bestimmte Schmerzmittel

  • Prilocain (lokales Betäubungsmittel)

  • bestimmte Mittel gegen Bluthochdruck und Herzerkrankungen 

  • bestimmte Diuretika 

  • bestimmte Antibiotika

  • bestimmte Schleimlöser

  • bestimmte Mittel gegen Asthma

  • Amitryptilin (Antidepressivum)

Welche Histaminintoleranzmedikamente können helfen?

Medikamente zur Vorbeugung oder Linderung der Symptome bei Histaminintoleranz sind kein langfristiger Ersatz für eine histaminfreie Ernährung. Diese Pharmazeutika dienen lediglich der Ergänzung und sollten bei Bedarf eingenommen werden (Reisen, Festen, ...). Einige der Medikamente sind zudem nur auf Rezept erhältlich.

Sogenannte Antihistaminika sind besonders dann indiziert, wenn beispielsweise eine Röntgenaufnahme mit Kontrastmittel erfolgen soll und eine starke HIT-Symptomatik zu erwarten wäre. Antihistaminika blockieren die Histaminrezeptoren, sodass trotz einer erhöhten Histaminkonzentration im Blut keine oder nur wenig Unverträglichkeitssymptome ausgelöst werden.

Bei bestehender HIT mit schwerem Verlauf ist es manchmal sinnvoll, zur Kuration des Organismus sogenannte Mastzellstabilisatoren einzunehmen. Diese Medikamente verdichten die Zellmembran der Mastzellen, sodass diese weniger Histamin und andere Botenstoffe, die eine Entzündungsreaktion hervorrufen, freisetzen. 

Wenn erwiesen ist, dass eine Ursache der Histaminunverträglichkeit ein Mangel des Histamin-abbauenden Enzyms Diaminooxidase ist, so können Medikamente mit diesem Enzym eingenommen werden. Die Kapseln werden zu den Mahlzeiten geschluckt, wenn bekannt ist, dass die Lebensmittel einen hohen Histamingehalt haben. Die Diaminooxidase-Medikamente wirken jedoch nicht bei schon bestehenden Beschwerden.

Ernährung bei Histaminintoleranz 

Wenn die Symptome einer Histaminunverträglichkeit vorliegen, sollte in jedem Fall eine spezielle Diät angestrebt werden. Bei dieser gilt es, histaminreiche Nahrungsmittel, biogene Amine sowie Hemmstoffe der Histamin-abbauenden Enzyme gänzlich zu vermeiden. 

Doe´s and Dont´s – die diagnostische Eliminationsdiät

Mit diesem Vorgehen ermitteln Sie Ihre individuelle Verträglichkeit. Am sichersten gelangt man zum Ziel, wenn man zu Beginn der Diagnose-Diät nur eine minimale, histaminfreie Anzahl an Nahrungsmitteln zu sich nimmt. In der Regel beginnen die Betroffenen mit einer Kartoffel-Reis-Diät und führen innerhalb der nächsten 6 Wochen konsequent alle 2 Tage ein neues Lebensmittel ein. Das neue Lebensmittel sollte in allen Mahlzeiten enthalten sein, um eventuelle Histaminreaktionen gut erkennen zu können.

Es empfiehlt sich, bei dieser Diagnose-Diät ein Ernährungs- und Symptomtagebuch zu führen, um Ergebnisse wie konsumierte Lebensmittel, körperliche Reaktionen, etc. festzuhalten. 

Wenn Sie nach 6 Wochen eine Vorstellung davon haben, welche Lebensmittel Sie gut vertragen und welche nicht, dann sollten Sie eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung aufbauen. Versuchen Sie, möglichst in jeder Mahlzeit Proteine, Stärke, Gemüse und Obst einzubauen.

Ziel der diagnostischen Eliminationsdiät ist nicht die Gewichtsreduktion, Sie dürfen weiterhin gewohnte Portionen essen. Auch wenn die Vorstellung einer so einschneidenden Diät zuerst abschreckend wirkt, sollten Sie sich bewusst machen, dass eine Histaminintoleranz nicht „von selbst“ wieder verschwindet. Sie werden merken, sobald Sie mit der Diät begonnen haben, werden Ihre Kräfte wieder zurückkehren, denn die Erkrankung schwächt den Körper nachhaltig.

Welche Nahrungsmittel sollten bei Histaminintoleranz gemieden werden?

Histamin oder sein Vorläufer Histidin sind in nahezu allen Lebensmitteln in unterschiedlichen Konzentrationen enthalten. Doch durch Reifungs-, Fermentations- oder Gärungsprozesse wird der Gehalt enorm gesteigert.

Daher sollten Sie folgende Lebensmittel bei einer Histaminintoleranz unbedingt vermeiden:

  • Fisch wie Makrele, Sardine, Thunfisch und Hering

  • Käse wie Gouda, Cheddar, Camembert, Emmentaler oder Parmesan

  • Fleisch und Wurst

  • Gemüse wie Sauerkraut, Spinat, Aubergine, Tomaten oder Avocado

  • Alkohol

  • Essig, Sojasoße oder Hefeprodukte

Doch auch biogene Amine sollten nur in gewissen Maßen genossen werden, da der Organismus sie über dieselben Enzyme abbaut wie Histamin und dadurch eine Überlastung die Folge sein könnte.

Darunter fallen zum Beispiel:

  • Ananas, Bananen, Birnen, Himbeeren, Kiwi, Orangen oder Papaya

  • Erdnüsse

  • Hülsenfrüchte

  • Weizenkeime

Ein großes Problem sind zudem Lebensmittel, die Symptome der Histaminintoleranz auslösen, weil sie körpereigenes Histamin in den Mastzellen freisetzen.

Deshalb sollten diese Speisen am besten vom Speiseplan radiert werden:

  • Zitrusfrüchte

  • Produkte aus Tomaten

  • Lebensmittel mit Kakao

  • Meeresfrüchte

  • Nüsse

  • Alkohol

Fazit

Histaminintoleranz ist eine Form der Histaminunverträglichkeit und betrifft etwa 1 bis 3 % der Bevölkerung, in der Regel Frauen mittleren Alters. Die Ursachen sind vielfältig, ebenso wie die Symptome.

In den meisten Fällen reagieren die Betroffenen nach der Nahrungsaufnahme mit allergieähnlichen Anzeichen wie Juckreiz, Niesen oder Atembeschwerden. Aber auch schwere Verläufe mit Migräne, Herzrhythmusstörungen, Hormonstörungen und psychischen Symptomen sind manchmal auf eine Histaminunverträglichkeit zurückzuführen. 

Langfristig gesehen ist eine Ernährungsumstellung die einzige Möglichkeit, um die Symptome zu reduzieren.

Dabei helfen verschiedene Kochbücher, die nicht nur Rezepte, sondern auch Tipps zum Einkaufen, Lagern und Zubereiten der Lebensmittel beinhalten. 

Rezepte für einen histaminfreien Tag

Am Anfang kommt es Ihnen vielleicht noch kompliziert vor und Sie fühlen sich eingeschränkt. Doch mit zunehmender Erfahrung und Routine können Sie Ihre Gerichte immer kreativer gestalten und den Alltag besser meistern. Wir unterstützen Sie dabei und geben Ihnen einen kleinen Einblick in einen Speiseplan fast ohne Histamin.

Frühstück: buntes Müsli

  • Hirseflocken, Dinkelflocken, Haferflocken

  • Hanfsamen-Proteinpulver

  • Äpfel, Cranberries, Kirschen, Heidelbeeren, Brombeeren, Melone, Aprikosen, Pfirsich oder Nektarine

  • Ahornsirup oder Honig

  • Milch oder Quark

Zwischensnack: Äpfel, Feigen, Maronen, Gurken oder Möhren

Mittagessen: Spargelrisotto

  • Öl

  • Zwiebeln, Knoblauch

  • Risottoreis

  • Wasser

  • grüner Spargel

  • Salz

  • Mascarpone

Abendessen: Gnocchi mit Gemüse

  • Dinkelmehl, geriebener Mozarella, Salz, Ricotta, Eigelb, Quark und Öl für den Teig

  • Zucchini, Paprika, Salz und Kräuter für die Beilage

Nachtsnack: Salzstangen

  • Butter, Dinkelmehl, Weinsteinbackpulver, Milch, Salz und Eigelb für den Teig

  • Paprikapulver und Kräuter der Provence zu bestreuen