Orchiektomie: Hoden entfernen als Behandlung von Genitalkrebs

Patienten, die sich einen oder beide Hoden herausoperieren lassen, haben meist zwingende medizinische Gründe. Die Orchiektomie ist oft die einzige Möglichkeit, Hoden-, Prostatakrebs oder eine andere Erkrankung des Genitalbereichs effektiv zu therapieren. Außerdem besteht hierzulande die Möglichkeit, diesen Eingriff aus anderen Gründen vornehmen zu lassen.

Was ist eine Orchiektomie?

Orchiektomie (Ablatio testis) ist der medizinische Fachbegriff für das operative Entfernen eines oder beider Hoden beim Mann. Sie wird in der medizinischen Fachliteratur auch als radikale Orchiektomie bezeichnet.

Die Hodenamputation ist dringend erforderlich, wenn der Patient an Hodenkrebs erkrankt ist. Im Ausnahmefall kann die chirurgische Kastration auch freiwillig vorgenommen werden. Bei dem Entfernen des Hodens beim Mann nutzt der Chirurg eines von drei Verfahren.

Welches geeignet ist, richtet sich nach der Indikation, dem Zugang zum Hodengewebe und dem Umfang des zu entfernenden Gewebes. Weil die beidseitige Hodenamputation mit einer dauerhaften Unfruchtbarkeit verbunden ist, sollten sich Männer mit Kinderwunsch zuvor Spermien einfrieren lassen.

 

Bei welchen Erkrankungen ist eine Orchiektomie erforderlich?

Eine Hodenamputation wird aus medizinischen Gründen durchgeführt, wenn:

  • der Patient an Hodenkrebs (testikulärem Keimzellkarzinom) leidet

  • ein Prostatakarzinom im fortgeschrittenen Stadium 

  • eine irreversibel gestörte Hodenfunktion hat

  • er infolge einer Hodentorsion verkleinerte Hoden hat

  • bei alten Männern häufig Leistenbrüche auftreten

  • ein Hoden im Leistenkanal verblieben ist

  • ein Hodentrauma nicht heilt

Eine weitere Indikation ist die Hodenentfernung nach Entzündung. Bei Patienten mit Hodenkrebs umfasst der Eingriff neben der Hodenamputation noch das Entfernen des Nebenhodens und des Samenstrangs.

Hat der Patient nur noch einen Hoden, entnimmt man beim anderen nur das befallene Gewebe und bestrahlt ihn anschließend. Mitunter ist noch eine Chemotherapie erforderlich. Danach kann er sich eine Hodenprothese aus Silikon in sein Skrotum einpflanzen lassen.

Dieser Teil der Orchiektomie wird allerdings von den Krankenkassen nicht übernommen, weil ein Hodenimplantat medizinisch nicht erforderlich ist. Dennoch hilft es den Betroffenen, den belastenden Hodenkrebs und die Hodenentfernung besser zu verarbeiten.

 

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Ablauf der Orchiektomie OP

Nach dem Rasieren der Leistengegend verabreicht man dem Patienten eine Vollnarkose. Während der 20 bis 60 Minuten andauernden Operation holt man zuerst den jeweiligen Hoden und den Nebenhoden durch einen Schnitt im Leistenkanal heraus und schneidet sie am Samenstrang ab.

Ein Schnelltest mit dort entnommenem Gewebe gibt Auskunft darüber, ob noch weitere Tumorzellen vorhanden sind. Ist das der Fall, wird der Samenstrang ebenfalls herausoperiert. Anschließend stoppt der Chirurg die Blutung im Keimgewebe mithilfe eines Elektrokauters. Danach wird das gewünschte Hodenimplantat in den Hodensack eingenäht. Der Chirurg vernäht Hodenkapsel und Skrotum und schließt die Wunde an der Leiste.

Der unkomplizierte operative Eingriff ist mit nur geringem Blutverlust verbunden. Um mögliche Entzündungen und Wundheilungsstörungen sofort behandeln zu können, raten Mediziner allerdings zu einem mehrtägigen Klinikaufenthalt. Anschließend sind Sie für zwei Wochen krankgeschrieben.

Wie lange Schmerzen nach der Hoden OP auftreten, ist individuell verschieden. Die meisten Patienten sprechen in diesem Zusammenhang von mehreren Wochen. Mitunter kommt es auch zu einem leichten Ziehen in der Leistengegend. 

Neben dem normalen Operationsrisiko (Narkosemittelunverträglichkeit, Blutungen) kann es durch den Schnitt zu Hodenentfernungs Nebenwirkungen wie Nervenirritationen kommen. Das beeinträchtigte Hautareal reagiert sensibler oder ist völlig taub.

Damit Sie keinen Leistenbruch bekommen, müssen Sie acht Wochen nach der Orchiektomie auf sportliche Aktivitäten verzichten. Normales Spazierengehen ist jedoch erlaubt. Baden und Saunagänge sind sechs Wochen lang tabu, damit sich die Wunde nicht entzündet. Duschen dürfen Sie aber schon drei Tage nach Ihrer Operation. 

Ziehen Sie bitte in der ersten Zeit engere Unterwäsche an und achten Sie auf einen regelmäßigen weichen Stuhlgang. Haben Sie nach Ihrer Orchiektomie Fieber und Schwellungen beziehungsweise Schmerzen im Operationsbereich, in den Beinen oder in der Leistenbeuge, suchen Sie bitte schnellstmöglich eine Arztpraxis auf.

Nach der Entlassung aus der Klinik müssen Sie noch zur Nachkontrolle bei Ihrem Hausarzt oder Urologen.

 

Folgen der Orchiektomie

Im Unterschied zur einseitigen (unilateralen) Orchiektomie, die keine dauerhafte Unfruchtbarkeit zur Folge hat, ist das bei der bilateralen Orchiektomie immer der Fall.

Der Grund dafür ist, dass dann überhaupt kein Testosteron mehr gebildet wird. Der Patient erhält stattdessen eine lebenslange Testosteron-Ersatztherapie. Bei erwachsenen Männern, denen eine Keimdrüse entfernt wurde, zeigen sich oft in der Folgezeit eine spärlichere Körperbehaarung, abnehmende Libido, Erektionsprobleme und Antriebsarmut.

Darüber hinaus ist das Auftreten von Fettstoffwechselstörungen, Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Diabetes mellitus möglich. Die physiologischen Veränderungen lösen bei manchen Betroffenen Ängste und Depressionen aus. 

Wurde Ihnen nur eine Keimdrüse entnommen, warten Sie aber bitte mit dem Sex, bis die Wunde in der Leistengegend vollständig verheilt ist. Sonst können kurzfristige Erektionsstörungen und auch Schmerzen auftreten. Weil Sexualität natürlich auch eine psychologische Komponente hat, sollten Sie sich Zeit lassen, Ihre Krebserfahrung und den Verlust eines Teils ihrer Männlichkeit zu verarbeiten.

Auch das Gespräch mit einem Arzt Ihres Vertrauens oder einem diesbezüglich geschulten Psychologen kann dabei hilfreich sein. 

 

Welche chirurgischen Verfahren gibt es bei der Orchiektomie?

Bei der Hodenentfernung gibt es drei Operationstechniken, die

  • einfache

  • inguinale und 

  • subkapsuläre Orchitektomie

Die einfache Hodenamputation ist bei allen irreversiblen Hodenerkrankungen geeignet, die nicht durch einen Krebs verursacht werden.

Darüber hinaus ist sie bei Geschlechtsumwandlungen Mann zu Frau die Methode der Wahl. Der Chirurg bringt in der Mitte des Skrotums einen winzigen Schnitt an (skrotale Orchiektomie). Anschließend zerschneidet er die einzelnen Hodenhüllen und entnimmt Hoden und Samenstrang. Danach verschließt er die Wunde wieder.

Bei der inguinalen Orchiektomie, die nur bei Patienten mit Hodentumor zum Einsatz kommt, legt der Chirurg über einen Schnitt im Leistenkanal die Blutgefäße und den Samenstrang frei und bindet sie ab.

Danach holt er den Hoden aus dem Skrotum und trennt das möglicherweise kanzeröse Gewebe vorsichtig ab. Anschließend wird die Probe zur Schnellschnittdiagnose an einen Pathologen geschickt. Kann dieser keine Tumorzellen finden, wird der Hoden wieder zurückverlegt. Ansonsten entfernt der Chirurg ihn. Hodenkrebs (malignes Hodenkarzinom) ist eine bösartige Krebserkrankung, die bei jungen Männern von 20 bis 40 besonders häufig vorkommt. 

Die subkapsuläre Orchiektomie ist bei Männern mit Prostatakrebs indiziert.

Sie wird als Hormonentzugstherapie durchgeführt. Weil die Tumorzellen des Prostatakrebs Testosteron benötigen, um wachsen zu können, entzieht man ihnen dieses Sexualhormon. Bei der subkapsulären Orchiektomie entfernt der Chirurg nur das die Hoden umhüllende Drüsengewebe. Denn dieses ist für die Bildung des Testosterons verantwortlich. Nebenhoden, Hodenkapsel, Hodenhüllen und Samenstrang bleiben an Ort und Stelle. Die äußere Form des Skrotums bleibt ebenfalls erhalten. 

Bei der auch ambulant durchführbaren subkapsulären Orchiektomie macht der Chirurg einen kleinen Hautschnitt am Hodensack und durchtrennt die Hodenhüllen.

Im nächsten Schritt entfernt er das in der Hodenkapsel befindliche hormonbildende Keimgewebe und zerschneidet seine Befestigung mithilfe eines Elektrokauters. Der letzte Schritt besteht darin, die Blutung zu unterbinden und Hodenkapsel und Skrotum zuzunähen.

 

Hodenentfernung beim Kind

Auch bei Kindern und Jugendlichen kann eine Orchiektomie durchgeführt werden. Bei ihnen liegen dafür aber oft andere Gründe vor als bei erwachsenen Patienten. Sie haben eine Hodenverdrehung (Hodentorsion), Anomalien der Keimdrüsen (Anorchie), Hodenhochstand, verkümmerte Hoden oder Tumore.

In der Regel verzichtet man bei Minderjährigen auf das Einsetzen einer Hodenprothese. Entscheidet man sich aber später für eine solche, kann es zu Komplikationen kommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine französische retrospektive Studie, die an einem Pariser Universitätskrankenhaus durchgeführt wurde. Die 26 kindlichen Probanden waren zwischen 9 und 18 Jahre alt, als sie ihr Implantat erhielten. Die Versuchsgruppe hatte es bereits innerhalb eines Jahres nach ihrer Operation.

Bei der Kontrollgruppe, der die Hodenprothese erst später eingepflanzt wurde, kam es vergleichsweise häufig zu schweren Komplikationen, die weitere Eingriffe erforderten. Die Forscher gehen daher davon aus, dass ein Zeitpunkt innerhalb des ersten Jahres nach der Orchiektomie für die Implantation günstiger ist, weil das Risiko für Komplikationen danach ansteigt.

Die Folgen der beidseitigen Hodenentfernung beim Kind unterscheiden sich deutlich von denen einer Orchiektomie beim Erwachsenen. Weil sie vor der Pubertät erfolgt, kann der Körper keine Geschlechtsmerkmale entwickeln. Der Junge behält seinen kindlichen Körperbau und hat eine höhere Stimme, weil der Stimmbruch ebenfalls ausbleibt. Sein Körper bleibt unbehaart.

Er ermüdet schneller und hat ein deutlich geringeres sexuelles Verlangen als andere Jugendliche. Oft kommen noch Erektionsprobleme hinzu. Später entwickelt der junge Mann eine Fettleibigkeit, die sich von der Hüfte abwärts mit einer verweiblichten Figur zeigt. Diese und die verzögerte psychosexuelle Entwicklung machen ihn oft zur Zielscheibe von Diskriminierungen. Dann kommt es meist noch zu Depressionen.

 

Gibt es Alternativen zur Orchiektomie?

Patienten, die an fortgeschrittenem Prostatakrebs leiden, entfernt man üblicherweise beide Testosteronhoden. Eine Alternative besteht darin, ihnen als Hormontherapie GnRH-Analoga zu verabreichen. Diese Medikamente senken den Testosteronspiegel ähnlich effektiv wie die bilaterale Orchiektomie. 

Was man bei einer freiwilligen Orchiektomie beachten sollte

In Deutschland ist es möglich, sich freiwillig beide Hoden operativ entfernen zu lassen. Voraussetzung ist, dass der Betroffene älter als 25 Jahre ist, in die Operation einwilligt und die im Kastrationsgesetz (KastrG) aufgeführten Vorgaben eingehalten werden. Bei Minderjährigen ist dafür die Einwilligung des sorgeberechtigten Elternteils, bei Betreuten die des gesetzlichen Betreuers erforderlich. Manche Männer lassen diesen Eingriff durchführen, wenn sie als Frau weiterleben möchten. Straftäter, die unter ihrem abnormen Geschlechtstrieb leiden, können die chirurgische Kastration ebenfalls auf Antrag durchführen lassen. 

Inter- und transsexuelle Patienten, die eine geschlechtsangleichende Operation (GaOP) planen, sollten die beidseitige Hodenamputation aber keinesfalls separat durchführen lassen: Viele Chirurgen weigern sich, danach eine GaOP vorzunehmen. Außerdem lehnen es manche Ärzte ab, Hoden ohne medizinische Indikation zu entfernen. Die Kosten der freiwilligen Orchiektomie liegen bei 1.000 bis 1.500 Euro.

 

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