Nephrologie

Nephrologie – wem die Nieren am Herzen liegen

Für die meisten Patienten ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle bei Beschwerden und Erkrankungen. Dort können sie optimal versorgt werden, auch bei Nierenleiden. Doch die Anzahl der Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung wird auf etwa 10 % geschätzt, Tendenz steigend.

Auch wenn nur die wenigsten auf eine Nierenersatztherapie angewiesen sind, so muss der Fokus der medizinischen Versorgung auf der effektiven Behandlung der Grunderkrankung und der längst möglichen Verhinderung eines Nierenversagens liegen.

Eine akute Nierenerkrankung kann sehr gut durch einen Hausarzt begleitet werden und führt in der Regel schnell zur Genesung. Doch eine chronische Nierenerkrankung wird oftmals per Zufall durch den Hausarzt entdeckt, meist erst in einem fortgeschrittenem Stadium.

Dann steigt bei einer inadäquaten Behandlung das Risiko, eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz oder eine Begleitkomplikation zu entwickeln. Diese gehen nicht selten mit einer hohen Einschränkung der Lebensqualität und einer geringeren Lebenserwartung einher.

Daher ist es ratsam, bei der Feststellung einer chronischen Nierenerkrankung den Weg zu einem Nephrologen zu suchen. 

Doch was macht ein Nephrologe genau? Wo findet man eine Fachabteilung für Nephrologie? Und welche Krankheitsbilder werden in der Nephrologie behandelt?

Lesen Sie in diesem Beitrag alles Wissenswerte zum Fachbereich Nephrologie.

 

Was ist die Nephrologie?

Das Wort Nephrologie setzt sich aus den griechischen Wörtern „nefros“ und „logos“ zusammen, was als „Nierenlehre“ übersetzt werden kann. 

Als Teilgebiet der Inneren Medizin befasst sich die Nephrologie mit der Prävention, Diagnostik, Behandlung und Nachsorge von Nierenerkrankungen. Zudem fallen die Durchführung von Blutwäsche sowie die Betreuung von Menschen vor und nach einer Nierentransplantation in das Fachgebiet.

Bereits seit etwa 2000 Jahren haben die Nieren sowie die Untersuchung des Harns eine wesentliche Bedeutung in der Medizin. Dennoch ist die Nephrologie ein noch sehr junges Fachgebiet und erst seit den 1950er Jahren als eigenständige Fachrichtung anerkannt.

Die Nephrologie deckt einen großen Bereich der internistischen Symptombilder ab, da Nierenerkrankungen vielfältige Auswirkungen auf den Organismus haben. Zudem haben Nephrologen viele Schnittstellen zu anderen Fachbereichen und arbeiten im klinischen Alltag meist in einem interdisziplinären Team. 

Als Nephrologe darf sich ein Arzt bezeichnen, der eine staatlich anerkannte Fachweiterbildung erfolgreich absolviert hat. Die Kindernephrologie hingegen ist ein Teilgebiet der Pädiatrie. 

 

Unterschied zwischen Nephrologie und Urologie

Der Nephrologe befasst sich mit Erkrankungen, die ihren Ursprung in der Niere haben.

Ein Urologe hingegen hat eine chirurgische Weiterbildung, die er für die Behandlung von Erkrankungen der Harnableitung und der primären Geschlechtsorgane benötigt. Insbesondere Männer mit Beschwerden der Prostata, der Harnröhre oder der Blase sind die fokussierte Patientengruppe eines Urologen. 

Selbstverständlich gibt es Überlappungen bei den Disziplinen.

So überweisen Nephrologen Patienten mit chronischer Nierenbeckenentzündung, welche auf eine Prostatahyperplasie zurückzuführen ist, an einen Urologen, damit dieser die Prostata entfernen kann.

Umgekehrt wird eine Zusammenarbeit mit der Nephrologie für einen Urologen dann notwendig, wenn die Ursache der urologischen Erkrankung bei der Niere zu suchen ist.

 

Niedergelassene Nephrologen, Fachabteilungen und Spezialkliniken für Nephrologie

Nach Beendigung des Medizinstudiums können sich angehende Ärzte im Rahmen einer 6-jährigen Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie ausbilden lassen.

Inhalte der Weiterbildung sind unter anderem spezielle Untersuchungsverfahren und notwendige Therapien für nephrologische Patienten. Nach Beendigung der Weiterbildung sind die Mediziner in der Lage, Menschen mit Nierenerkrankungen adäquat zu betreuen und zu versorgen.

Mithilfe der erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet der Nephrologie ist es ihnen nicht nur möglich, nierenerkrankte Patienten nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu behandeln und zu heilen, sondern auch die Lebensqualität schwerkranker Patienten zu verbessern und deren Lebenszeit zu verlängern.

Nephrologen arbeiten entweder als niedergelassene Ärzte in speziellen Praxen oder sie sind in einem Krankenhaus mit nephrologischer Abteilung bzw. in einer nephrologischen Spezialklinik angestellt.

 

Für welche Krankheiten ist die Nephrologie zuständig?

Erkrankungen,  die in der Nephrologie behandelt werden:

  • Systemerkrankungen mit renaler (nierenbezogener) Beteiligung und Bluthochdruck, zum Beispiel Lupus, Vaskulitiden, Raynaud-Syndrom oder HELLP-Syndrom

  • glomeruläre Erkrankungen wie Glomerulonephritis, akutes nephritisches Syndrom, Hämaturie, nephrotisches Syndrom oder Schwangerschaftsgestose

  • tubuläre Erkrankungen, beispielsweise Refluxuropathie, medikametenassoziierte tubuläre Krankheiten, Balkan-Nephropathie oder Nierenabszesse

  • Nierensteine

  • Vergiftungen

  • erbliche Erkrankungen wie Zystennieren, tuberöse Sklerose oder Alport-Syndrom

  • Tumorerkrankungen der Niere, zum Beispiel Nierenkrebs, Nierensarkom, Nephroblastom oder Multiples Myelom

  • akutes Nierenversagen

  • chronisches Nierenversagen

  • Begleitsymptome von Nierenerkrankungen wie renale Anämie, Blutungen, Enzephalopathie, Perikarditis oder Neuropathien

  • schwere klinische Zustände bei nachlassender Nierenleistung, beispielsweise Ödeme, Exsikkose, Elektrolytstörungen, Azidose, Mangelernährung oder Juckreiz

  • Stoffwechselstörungen, die nach längerer Zeit zu renaler Beteiligung führen

  • Bluthochdruck

  • Erkrankungen des Herzens oder der Lunge als Folge von Nierenerkrankungen

  • Infektionen einzelner Segmente der Niere

  • Erkrankungen, die eine Nierenersatztherapie notwendig machen, beispielsweise Leukämie, Myasthenia gravis, Hörsturz, Rheuma oder Guillain-Barré-Syndrom

 

Welche Schnittstellen gibt es zu anderen Fachabteilungen?

Allgemeinmedizin

Aufgrund der steigenden Lebenserwartung nimmt auch die Häufigkeit von Zivilisationskrankheiten in der Bevölkerung der westlichen Industrienationen zu. Infolgedessen ist eine höhere Prävalenz von Nierenerkrankungen oder Krankheiten mit einer Nierenbeteiligung zu erwarten. Daher ist es wichtig, dass eine gute Vernetzung zwischen Allgemeinmedizinern (Hausärzten) und Nephrologen besteht, um Patienten frühzeitig optimal zu versorgen und das Voranschreiten von Nierenschäden zu verlangsamen.

Kardiologie

Das kardiorenale Syndrom steht für die direkte wechselseitige Beziehung zwischen Herz- und Niereninsuffizienz. Die Zusammenarbeit der beiden Professionen ist daher sehr wichtig, weil Bluthochdruck, Anämie und andere Erkrankungen die Schnittstellen sind - ob als eigenständige Erkrankung oder Begleiterscheinung. Die Patienten profitieren von einer engen Kooperation durch eine bessere Lebensqualität. 

Diabetologie

Mehr als 50 % aller Menschen mit Diabetes mellitus entwickeln im Laufe ihres Lebens eine chronische Niereninsuffizienz. Nicht selten geht diese mit einer externen Blutwäsche einher. Die gemeinsame Betreuung und Versorgung von Menschen mit Diabetes ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Nephrologie und der Diabetologie.

Urologie

Während die Urologie chirurgische Interventionen an der Niere oder anderen harnableitenden Organen vornimmt, versorgt und betreut der Nephrologe die Patienten vorher und nachher. Ob Nierensteine, Nierenversagen, Transplantation oder Prostataentfernung – die Vernetzung der beiden Fachbereiche ist obligat.

Gynäkologie

Etwa 2 von 100 Frauen entwickeln in der Schwangerschaft eine chronische Nierenbeckenentzündung, weil die Harnleiter durch den Fötus bedrängt werden und Harnstauung entsteht. Dieser Zustand muss schnell behoben werden, damit die Gesundheit von Mutter oder Kind nicht gefährdet wird. Zudem behandeln Nephrologen gemeinsam mit Gynäkologen das sogenannte HELLP-Syndrom, bei dem es schnell zu einem lebensbedrohlichen Zustand kommen kann. 

Gefäßchirurgie

Für eine klinische Dialyse ist ein sogenannter Shunt notwendig. Dieser Zugang wird mithilfe der Gefäßchirurgie angelegt und stellt eine wichtige Basis zur Versorgung von dialysepflichtigen Patienten aus der Nephrologie dar.

Intensivmedizin

Besonders bei akutem Nierenversagen aber auch bei Begleiterkrankungen, die durch eine funktionsunfähige Niere entstehen, ist es wichtig, Menschen intensivmedizinisch versorgt zu wissen. Erst wenn der Gesundheitszustand der Patienten stabil ist, können Nephrologen die Betroffenen weiter ambulant oder stationär betreuen.

Onkologie und Hämatologie

Verschiedene Tumorarten sowie Metastasen können eine Niereninsuffizienz bedingen. Auch zahlreiche Tumore im Nierensystem verursachen Beschwerden, die sich als nephrotisches Syndrom oder als terminale Niereninsuffizienz zeigen. Die Ärzte der Onkologie/Hämatologie und der Nephrologie versorgen daher gemeinsam die Patienten in einem interdisziplinären Team.

Gastroenterologie

Durch Leberinsuffizienz kann ein sogenanntes hepatorenales Syndrom entstehen, bei dem auch die Nieren geschädigt werden. Hier ist es wichtig, dass Mediziner aus der Gastroenterologie und der Nephrologie eng zusammenarbeiten, um den Patienten eine gute Lebensqualität zu ermöglichen. 

Pharmakologie

Viele Medikamente schädigen die Nieren und können zu einem Niereninfarkt führen. Zudem bedingt der demographische Wandel zum Umdenken. Denn ältere Patienten mit einer physiologisch sinkenden Filtrationsrate der Nieren müssen mit nierenschonenden Medikamenten behandelt werden, um Intoxikationen vorzubeugen.

Welche Untersuchungen nimmt ein Nephrologe vor?

Die Nephrologie arbeitet vor allem mit den diagnostischen Mitteln der Urin- und Blutuntersuchung.

Diese beiden Körperflüssigkeiten geben in der Regel ausreichend Aufschluss über den Zustand und die Funktionalität der Nieren.

Zudem kommen bei manchen Krankheitsbildern auch apparative Diagnoseverfahren zum Einsatz. Blutdruck-Messungen, EKG, Sonographie sowie Duplex-Ultraschall und MRT sind Mittel der Wahl, wenn Verdachtsdiagnosen abgeklärt und Therapieerfolge sichtbar gemacht werden müssen.

 

Behandlungen in der Nephrologie

Medikamentöse Therapie

Da Nierenerkrankungen sehr schnell zu Nierenschäden führen können und die Nierenkörperchen sich nicht mehr regenerieren, ist es notwendig, dass die grundliegenden Erkrankungen wie auch die Nierenerkrankungen medikamentös behandelt werden. Manchmal ist die Therapie nur kurzzeitig notwendig, beispielsweise bei einer bakteriellen Nierenbeckenentzündung. Andere Erkrankungen, wie eine chronische Niereninsuffizienz, machen eine lebenslange Behandlung notwendig.

Konservative Therapien

Die meisten Nierenkrankheiten lassen sich durch konservative Maßnahmen gut unterstützen. Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion, Trinkmengenanpassung, Hygiene, Bewegung sowie Wärmeanwendungen fördern den individuellen Heilungsprozess und stabilisieren die allgemeine Gesundheit. Mit speziellen, angepassten konservativen Therapien lassen sich nicht nur viele Nierenerkrankungen schneller auskurieren, sie senken auch das Risiko von Rezidiven (Wiederauftreten einer Krankheit).

Nierenersatztherapie

Die Nierenersatztherapie, auch Dialyse genannt, ist ein Verfahren, bei dem das Blut durch Diffusion mithilfe einer semipermeablen Membran von gelösten Molekülen befreit wird und als schwach konzentrierte Lösung wieder in den Organismus wandert. Neben der Transplantation ist die Dialyse das wichtigste Therapieverfahren bei akuter und chronischer Niereninsuffizienz

Die am häufigsten durchgeführten Arten sind die Hämodialyse und die Peritonealdialyse

Bei der Hämodialyse wird dem Patienten ein Shunt am Arm angelegt. Dieser dient als Punktionsstelle für die klinische Dialyse. In einem speziellen Dialysezentrum wird dann das Blut aus dem Körper gezogen und in einem Apparat gereinigt. Das niedrig konzentrierte Blut gelangt nach etwa 4 Stunden wieder über den Shunt zurück in den Körper. In der Regel benötigen Patienten drei Blutwäschen pro Woche. 

Die Peritonealdialyse können die Patienten zuhause durchführen. Dazu wird dem Patienten ein Schlauch im Bauch implantiert, der einen Zugang von außen in die Bauchhöhle schafft. Das Bauchfell dient bei dieser Technik als Membran. Die Patienten geben eine spezielle Lösung über den Schlauch in den Bauch. Diese Lösung reichert sich mit harnpflichtigen Substanzen an und muss nach etwa 6 Stunden wieder abgelassen werden. Betroffene müssen die Peritonealdialyse täglich durchführen. 

Nierentransplantation

In einigen Fällen können Menschen bei einem kompletten Ausfall Spenderorgane transplantiert werden. Die Nephrologie koordiniert Lebendspenden, betreut die Patienten vor und nach der Transplantation, behandelt Funktionsstörungen des Transplantats und reagiert auf Abstoßungsreaktionen.

Fazit

Die Nephrologie, ein Fachbereich aus der Inneren Medizin, beschäftigt sich mit Erkrankungen der Nieren.

Die häufigsten Krankheitsbilder in der Nephrologie sind Nierenbeckenentzündungen, Niereninsuffizienz und Nephropathien. Ein Nierenfacharzt ist jedoch auch dafür ausgebildet, Dialyseverfahren durchzuführen und Menschen vor bzw. nach einer Nierentransplantation zu betreuen. 

Nephrologen arbeiten als niedergelassene Ärzte in speziellen Zentren oder sind in nephrologischen Abteilungen in Krankenhäusern oder in nephrologischen Spezialkliniken angestellt. 

Da Erkrankungen der Niere sehr viele Symptome und diverse Begleiterkrankungen verursachen, ist es unabdingbar, dass Nephrologen eng mit Ärzten aus anderen Professionen zusammenarbeiten. Nur so können Menschen mit Nierenerkrankungen optimal versorgt werden.

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