Schmerzen beim Sex – Dyspareunie betrifft Frauen und Männer

Liebe tut weh – ein Spruch, den wohl jeder schon einmal gehört hat. Aber wenn es um echte körperliche Schmerzen beim Sex geht, fällt oft der Vorhang des Tabus.

 

Dabei betrifft dieses Problem, das von Medizinern als Dyspareunie bezeichnet wird, zwischen zehn und zwanzig Prozent aller Frauen, die sexuell aktiv sind. Es als reines Frauenproblem abzutun, ist jedoch verfrüht, denn auch Männer leiden bisweilen unter Schmerzen während sexueller Aktivitäten – oder danach.

Die Ursachen sind vielfältiger Natur und bedürfen der individuellen Abklärung. Eines jedoch haben alle Fälle gemeinsam: Schmerzen beim Sex können die Lust auf selbigen gründlich verderben. Deswegen sollte man und frau nicht einfach die Zähne zusammenbeißen und es über sich ergehen lassen, sondern das Problem ärztlich abklären lassen.

Damit es in der Folge nicht zu Problemen und Missverständnissen in der Partnerschaft kommt, ist ein offener Umgang mit dem Thema ebenfalls hilfreich. Wir gehen heute einigen der wichtigsten Ursachen auf den Grund – und möchten dazu ermuntern, vermeintliche Tabuthemen offen mit Arzt und Partner zu besprechen.

Denn schließlich sollte der Sex niemals zur Qual werden, weder körperlich noch psychisch.

 

Die wichtigsten Symptome bei Dyspareunie

Von Dyspareunie sprechen Mediziner, wenn Schmerzen beim Sex direkt vor, während oder nach dem Eindringen des Penis beim GV auftreten (sowohl bei Frauen als auch bei Männern).

Gerade bei Frauen ist die Zahl der Fälle deutlich größer, denn mindestens jede zehnte Frau hat schon einmal diese Erfahrung gemacht und verspürt regelmäßig Schmerzen beim Sexualverkehr.

Geht es darum, ob Sex als unangenehm empfunden wird (an der Grenze zum Schmerz), geben sogar über 20 Prozent der weiblichen Bevölkerung an, derartigen Problemen begegnet zu sein. Männer sind insofern besser gestellt, als die Zahl der Fälle von Dyspareunie geringer ist, die Schmerzen beim Sex aber durchaus gravierend sein können. Als Symptome gelten alle Schmerzen, die im Zusammenhang mit sexuellen Aktivitäten auftreten.

Dazu zählen unter anderem:

  • Brennen von Scheide oder Penis vor oder nach dem Sex

  • Schmerzen beim Eindringen

  • Schmerzen beim Stoßen

  • Krämpfe im Unterleib

  • Blutungen während oder nach dem Geschlechtsverkehr

  • Brennen beim Wasserlassen nach sexuellen Aktivitäten

  • Schmerzen beim Orgasmus / bei der Ejakulation

 

Ähnliche typische Symptome können die Liste nach Belieben erweitern – und tatsächlich können fast alle Symptome bei Frauen und Männern auftreten. Obwohl beispielsweise Unterleibskrämpfe eher frauentypisch sind, können gewisse Vorgänge im männlichen Körper (etwa bei der Ejakulation) ebenfalls zu krampfartigen Schmerzen führen.

Klar ist also: Schmerzt es beim Sex (oder auch danach), sollte das auf jeden Fall medizinisch abgeklärt werden, zumal die vielfältigen Symptome mindestens ebenso vielen möglichen Ursachen zugeordnet werden können.

 

Ursachen und mögliche Erkrankungen im Zusammenhang mit Schmerzen beim Sex

Hier möchten wir nach Frauen und Männern unterscheiden, denn obwohl die Schmerzen oft sehr ähnlich sind, können sich die Ursachen zum Teil erheblich voneinander unterscheiden.

Manche Ursachen (insbesondere im Rahmen von Infektionen) sind nachvollziehbar bei beiden Partnern nachweisbar, jedoch können Infektionen beim einen Partner völlig symptomlos verlaufen, während der bzw. die andere erhebliche Schmerzen beim oder nach dem Geschlechtsverkehr verspüren kann.

Neben den körperlichen Ursachen gibt es zudem psychische Ursachen, die zu schmerzhaftem Sex führen können (etwa, wenn sich ein Partner psychologisch so unter Druck setzt, dass es zu Verkrampfungen kommt).

Wir können im Rahmen dieses Artikels nicht alle Ursachen und möglichen Gründe für Schmerzen beim Sex vollständig aufzählen und beschreiben – es gibt zahlreiche weitere Möglichkeiten, die letztlich alle einer medizinischen Abklärung bedürfen.

 

Körperliche Ursachen für Schmerzen während dem Sex bei Frauen

  • Entzündungen im Genitalbereich (Scheide, Schamlippen, Eileiter, Eierstöcke)

  • Trockenheit der Scheide (mangelnde Gleitfähigkeit und damit verbundene starke Reibung; Scheidentrockenheit kann hormonell bedingt sein, aber auch durch mangelnde Erregung oder psychische Faktoren verursacht sein)

  • Vaginalmykose (Pilzinfektion der Scheide), geht meist mit Juckreiz und/oder Brennen einher, bei Beteiligung der Harnröhre möglicherweise auch beim Wasserlassen

  • zu enger Scheideneingang (vor allem bei jungen Frauen und Mädchen ein Grund für Schmerzen beim Sex)

  • Zysten im Bereich der Eierstöcke (verursachen größenabhängig sehr unterschiedliche Beschwerden)

  • gutartiger Tumore der Gebärmutter (Uterusmyom; kann je nach Lage zu Schmerzen und anderen Symptomen wie Harndrang, Verstopfung oder auch Rückenschmerzen führen)

  • andere Tumore im Bereich der Gebärmutter

  • Endometriose (Neigung zur Bildung meist gutartiger, aber je nach Lokalisation durchaus schmerzhafter Wucherungen von Gebärmutterschleimhaut, die sich in anderen Organen manifestieren

  • chronische Blasenentzündung (nicht-bakteriell)

  • infektiöse Blasenentzündung bzw. Harnröhrenentzündung (wird oft vom Mann übertragen, wobei der Mann nicht unbedingt selbst Beschwerden haben muss. Kann Hinweis auf sexuell übertragbare Erkrankungen wie Gonorrhoe oder eine Infektion durch Chlamydien sein, ist häufig aber „nur“ eine Übertragung von Darmbakterien; Abklärung erforderlich).

  • Narben bzw. Verwachsungen nach Operationen oder bestimmten Erkrankungen

  • Begleiterscheinung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)

  • Scheidenkrampf (Vaginismus)

  • Gebärmuttersenkung oder Gebärmuttervorfall

  • unspezifische Überempfindlichkeit der Vulva (Vulvodynie)

  • Schleimhautreizungen, Jucken, Brennen im Intimbereich durch übertriebene Intimhygiene oder allergische Reaktionen auf bestimmte Substanzen

 

Körperliche Ursachen für Schmerzen während dem Sex bei Männern

  • Penisverkrümmung (Induratio penis plastica, kurz: IPP); fibröse Verhärtungen im Schwellkörper, die zu einer schmerzhaften Verkrümmung des Penis führen können. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder bereits bei der Erektion treten in vielen Fällen auf. IPP kann von Geburt an bestehen oder sich später entwickeln. Abhilfe kann je nach Ausprägung der Gewebeverhärtungen eine Operation schaffen.

  • Vorhautverengung (Phimose); verhindert das Zurückziehen der Vorhaut über die Eichel. Oft angeboren, kann aber auch durch mangelnde Hygiene oder bestimmte Erkrankungen erworben werden.

  • Prostataentzündung (Prostatitis); meist chronische Entzündung der Prostata, die zu sehr unterschiedlichen Beschwerden führen kann, darunter auch Schmerzen beim Sex (speziell bei der Ejakulation). Schmerzen können vom Beckenbereich über Hoden bis in die Blasenregion reichen. Differenzialdiagnose Prostatakrebs abklären.

  • Harnröhrenentzündung (Urethritis); oft durch bakterielle Infektionen verursacht, kann sowohl beim Wasserlassen als auch während oder nach sexueller Betätigung zu starkem Brennen führen. Neben der gängigen Harnröhreninfektion durch Darmbakterien kommen auch sexuell übertragbare Krankheiten wie Gonorrhoe oder Chlamydien infrage.

  • Penisfraktur; der sogenannte Penisbruch ist ein Einriss des Bindegewebes, das den Schwellkörper umhüllt. Dies ist mit sehr starken Schmerzen verbunden. Eine Penisfraktur ist ein absoluter Notfall, der umgehend medizinisch versorgt werden muss.

  • Dauererektion (Priapismus); oft durch Potenzmittel wie Viagra verursacht, kann aber auch andere Ursachen haben. Von Priapismus spricht man, wenn eine schmerzhafte Dauererektion länger als zwei Stunden ohne Unterbrechung bestehen bleibt.. Da das Gewebe durch Priapismus geschädigt werden kann, sollte schnell ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Außerdem sollte die Ursache gesucht werden, sofern sie nicht klar nachvollziehbar ist, weil u.a. auch Thrombosen (Blutgerinnsel) oder Tumore verantwortlich sein können. Allerdings bleibt ein großer Prozentsatz der Fälle letztlich ungeklärt.

  • Reizungen im Intimbereich können auch bei Männern durch falsche und/oder übertriebene Intimhygiene sowie durch Allergien entstehen.

 

Psychische Ursachen für Schmerzen beim Sex

Sowohl bei Männern als auch bei Frauen können psychische Probleme zu Schmerzen beim Sex führen. Vor allem eine unbewusste Abwehrreaktion (z. B. Verkrampfung) oder „Erfolgsdruck“ können zur Entstehung körperlicher Schmerzen beitragen.

Auch die bereits erwähnte Scheidentrockenheit ist nicht selten auf einen psychisch bedingten Verlust der Libido zurückzuführen. Insbesondere Menschen, die traumatische Erlebnisse im Zusammenhang mit sexuellen Aktivitäten durchlebt haben, können häufig kein unbeschwertes Sexleben entwickeln, weil ihr Körper sich unbewusst gegen eine Wiederholung früherer (unangenehmer) Erlebnisse zur Wehr setzt.

Gerade Opfer von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt sollten unbedingt professionelle Hilfe suchen, um die Ursachen zu identifizieren und nach Möglichkeit zu behandeln.

Wie sehen Diagnostik und Behandlung von Schmerzen beim Sex aus?

Sowohl die Diagnose, als auch die Therapie von Schmerzen vor, während und nach dem Sex hängen stark von den Symptomen und den wahrscheinlichen Ursachen ab.

Bei Frauen sind Gynäkologen die richtigen Ansprechpartner, beim Mann entsprechend Urologen. Falls die Diagnose es erfordert, können weitere Fachrichtungen hinzugezogen werden.

Dies ist besonders bei systemischen Erkrankungen der Fall, die über die Zuständigkeit von Gynäkologin bzw. Gynäkologen und Urologinnen bzw. Urologen hinausgehen (z. B. bei Darmerkrankungen, Krebserkrankungen, psychischen Ursachen etc.). Entsprechend vielfältig sind die Therapieoptionen. Bei der symptomatischen Behandlung von Schleimhautreizungen können sowohl bei Männern als auch bei Frauen Gleitcremes oder entzündungshemmende Salben hilfreich sein.

Sollten Infektionen durch Bakterien, Viren oder Pilze festgestellt werden, sind entsprechende Medikamente anzuwenden, die nach Möglichkeit die Ursache für die Infektion beseitigen. Um eine Übertragung zu vermeiden, sollten Kondome verwendet werden.

Diese können jedoch ihrerseits zur Quelle von Schmerzen beim Sex werden, falls ein Partner (oder auch beide) allergisch gegen Latex sind. Überhaupt können allergische Reaktionen auf Cremes, Seifen oder Salben zu starken Irritationen oder Schmerzen führen, denen durch Verzicht auf die jeweiligen Inhaltsstoffe gut beizukommen ist.

Fazit: Da sämtliche Ursachen für Schmerzen beim Sex potenziell auf schwerwiegende Erkrankungen hindeuten können, sollten Sie auf jeden Fall zum Arzt gehen, wenn die Schmerzen häufiger auftreten oder generell beim Sex vorhanden sind. 

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