Gefäßerkrankungen

Wenn der Blutfluss gestört ist

Gefäßerkrankungen sind die häufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Denn nicht nur das „offene Bein“ oder die „Besenreiser“ werden durch Gefäßerkrankungen hervorgerufen, sondern auch Herzinfarkt und Schlaganfall.

Dabei besteht eine signifikante Korrelation zwischen dem modernen Lebensstil und der Morbidität von Gefäßerkrankungen in der Gesellschaft. Doch neben dem Lebensstil stellt auch der Faktor „Alter“ ein hohes Risiko für Gefäßerkrankungen dar.

Wie Gefäßerkrankungen diagnostiziert und behandelt werden, erfahren Sie in diesem Beitrag. Lesen Sie alles Wichtige zum Thema Untersuchungsmethoden, konservative Therapien und operative Behandlungsformen.

 

Was sind Gefäßerkrankungen?

Das Gefäßsystem des Menschen besteht aus Arterien und Venen, welche sich im gesamten Organismus verteilen. Arterien verzweigen sich vom Herz weg und enthalten sauerstoff- und nährstoffreiches Blut, mit dem sie Gehirn, Organe, Muskeln und andere Systeme versorgen.

Venen hingegen transportieren verbrauchtes Blut mit Kohlendioxid und Stoffwechselendprodukten von den Zellen ab zurück zum Herzen

 

Welche Krankheiten verursachen die Gefäßerkrankungen?

 Krankheiten durch arterielle Verengungen oder Verschlüsse

- pAVK

- Angina Pectoris und Herzinfarkt

- TIA, PRINT und Schlaganfall

- chronische Fußwunden

 

 Krankheiten durch arterielle Aussackungen

- Aneurysma-Ruptur

 

 Krankheiten durch venöse Aussackungen

- Besenreiser, Krampfadernund CVI (chronisch venöse Insuffizienz)

- chronische Fußwunden

 

 Krankheiten durch venöse Verschlüsse

- Thrombosen

 

Ursachen für Gefäßerkrankungen

Gefäßerkrankungen gehörten in Deutschland nicht nur zu den häufigsten Erkrankungen, sondern auch zu den gefährlichsten. Während deutlich mehr Frauen von venösen Gefäßerkrankungen betroffen sind, leiden weitaus mehr Männer unter Gefäßerkrankungen arterieller Art. Doch woran liegt das? Welche Risikofaktoren begünstigen eine Gefäßerkrankung?


Risikofaktoren, die arterielle Verengungen verursachen können

Bluthochdruck, Diabetes, Nikotin, Übergewicht, hohe Blutfettwerte sowie Bewegungsmangel und Alkohol sind eindeutige Faktoren, die die Ablagerungen an den Gefäßinnenwänden der großen und kleinen Arterien begünstigen. Meist liegen mehrere schädigende Einflüsse gleichzeitig vor, weshalb auch oftmals große und kleine Blutgefäße von der Arteriosklerose betroffen sind. 


Risikofaktoren für eine arterielle Aussackung

Auch wenn die Fachwelt eindeutige Ursachen, die ein Aneurysma entstehen lassen, noch diskutieren, sind genetische Faktoren nicht auszuschließen. Bluthochdruck, Nikotin sowie Arteriosklerose stehen in Verdacht, arterielle Aussackungen bis zu einem gewissen Grad zu begünstigen. 


Risikofaktoren, die venöse Aussackungen indizieren

Wesentliche Ursache für venöse Aussackungen ist die Bindegewebsschwäche. Dadurch kommt es zur Schädigung der Venenwände und Venenklappen. Neben erblichen Faktoren sind vor allem Übergewicht, übermäßig langes Stehen und Sitzen, viele Schwangerschaften und Bewegungsarmut Grund für die Bindegewebsschwäche, welche zu venösen Aussackungen führt.


Risikofaktoren für eine venöse Verengung

Veränderung des Blutflusses oder der Blutzusammensetzung erhöhen die Gerinnung. Dadurch kommt es zum Verklumpen einzelner Blutplättchen, was einen venösen Gefäßverschluss nach sich zieht. Gründe, die die Gerinnung erhöhen sind beispielweise lange Immobilität, Infektionen, Fieber, Operationen, Verletzungen, Entzündungen der Gefäße oder Tumorerkrankungen.

Diagnose und Unterschuchung bei Gefäßerkrankungen

Mediziner, welche sich auf die Erkrankungen von Gefäßen spezialisiert haben, werden Gefäßmediziner oder Angiologen genannt. Sie sind in der Lage, mithilfe spezieller Untersuchungsmethoden Veränderungen an den Gefäßen zu diagnostizieren und zu behandeln. Gefäßchirurgen sind spezialisierte Mediziner, die Operationen an Gefäßen vornehmen können.

Grundlage jeder Diagnostik bildet das Anamnesegespräch, in dem der Mediziner Fragen zu Beschwerden, Grunderkrankungen und familiärer Vorbelastung stellt. Eine klinische Untersuchung gibt Aufschluss über die körperliche Verfassung, Blutdruck und Puls, Beweglichkeit und Ausdauer. Auch das Hautbild kann gegebenenfalls auf verschiedene Gefäßerkrankungen hinweisen.

Mithilfe bildgebender Verfahren wie Sonographie, Dopplersonographie, Duplexsonographie, CT und CT-Angiographie, MRT und MRT-Angiographie, Subtraktionsangiographie, Plethysmographie, Rheographie und Sauerstoffpartialdruckmessung ist es möglich, Gefäßerkrankungen zu erkennen und die Diagnose zu sichern oder andere Ursachen für die Beschwerden der Patienten zu finden.

Ist eine Gefäßerkrankung bestätigt, können sich Ärzte dank der Technik ein Bild vom Ausmaß der Krankheit machen und einen geeigneten, individuellen und phasengerechten Therapieplan aufstellen.

 

Therapieformen bei Gefäßerkrankungen

Die Behandlung von Gefäßkrankheiten kann nicht alleine vom Angiologen bewältigt werden. Deshalb arbeiten die Gefäßmediziner eng mit Ärzten aus anderen Fachbereichen wie Kardiologie, Neurologie, Radiologie oder Plastische Chirurgie zusammen. Auch Wundexperten, Ernährungsberater, Pflegekräfte und Diabetesberater sind erfahrene Unterstützer und beraten die Betroffenen im Rahmen eines multidisziplinären Therapieplanes.

Die Kosten für konservative und operative Behandlungsmethoden in der Angiologie werden komplett von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Voraussetzung ist das Vorliegen einer Gefäßerkrankung, die durch einen Mediziner diagnostiziert werden muss. Es ist jedoch möglich, dass einige Krankenkassen manche Maßnahmen nicht in ihrem Leistungskatalog aufgeführt haben oder nur mit Zuzahlung. Diese Informationen müssen Betroffene sich vor Beginn der Therapie einholen.

 

Konservative Behandlungsmethoden

Wenn die Ursachen der Gefäßerkrankung klar definiert sind, ist es wichtig, diese als erstes zu eliminieren oder zumindest zu reduzieren: Gewichtsreduktion, Alkohol- und Nikotinabstinenz, mehr Bewegung, gesunde Ernährung und Einstellung von Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck auf Normwerte. 

Anschließend ist es möglich, mithilfe von Medikamenten beispielsweise die Fließgeschwindigkeit des Blutes zu verbessern oder die Gefäße zu erweitern. Andere Pharmazeutika wirken auf der Basis der Entklumpung und lösen Thromben auf oder verhindern ein weiteres Verkleben.

Ist eine venöse Insuffizienz die Ursache des Gefäßleidens, so hat sich die Kompressionstherapie als Mittel der Wahl bewährt. Richtig angewendet kann sie die Aufgabe der Venenklappen ersetzen und so das Fortschreiten der Venenerkrankung verlangsamen sowie das Auftreten von Folgeerkrankungen bis zu einem gewissen Grad vermeiden. 
 

 

 

Operative Behandlungsmethoden

Operationen sind bei Gefäßerkrankungen sehr häufig, da es andernfalls schnell zu Komplikationen kommt. Die Patienten müssen sich allerdings klar machen, dass operative Eingriffe zwar eine schnelle Reparatur sind, die Verantwortung für die Rezidiv-Vermeidung anschließend jedoch bei ihnen selbst liegt. Denn OPs bei Gefäßerkrankungen sind keine Heilung und setzen eine gesunde und achtsame Lebensweise nach dem Eingriff voraus. 


 1. Kathetergestütze, interventionelle Radiologie 

Mittels Ballondilatation ist es möglich, eine verengte Gefäßstelle aufzudehnen. In den meisten Fällen führen die Ärzte dabei zusätzlich einen sogenannten Stent ein. Dieses Metallröhrchen hält die aufgedehnte Stelle weiterhin offen und verhindert erneute Ablagerungen an dieser Stelle. Das Verfahren gilt als Goldstandard bei Arteriosklerose. Die Ballondilatation wie auch die Stentimplantation sind risikoarme, ambulante Eingriffe, bei denen die Patienten schon nach wenigen Stunden Nachsorge wieder nach Hause entlassen werden. Lediglich die Einstichstelle muss noch einige Tage nach der Intervention geschont werden.

 


 2. Operationen bei Gefäßerkrankungen

Sind sehr große Gefäße von arteriosklerotischen Veränderungen betroffen, so wird unter regionaler Anästhesie das verengte Gefäß ausgeschält. Dies ist bei arteriellen und venösen Gefäßen möglich. Patienten bleiben meistens nur einen Tag im Krankenhaus und genesen sehr schnell wieder.

Werden mehrere Engstellen bei einer Arterie diagnostiziert, so kann eine Bypass-OP notwendig sein. Je größer das Gefäß ist, umso schwieriger und invasiver der Eingriff. Bei einem Bypass verwenden die Chirurgen körpereigenes Venenmaterial oder Kunststoffschläuche, um eine Überbrückung der Engstellen zu bauen. Die Enden des Bypass-Materials werden dabei an die Arterien angenäht. Somit fließt das Blut nach der OP wieder ungehindert durch den Körper und versorgt über den Bypass die hinter der Engstelle liegenden Zellen. Die Bypass Operation verlangt eine gründliche Vorbereitung und ist mit einer längeren Nachbehandlung verbunden. Auch wenn dieser Eingriff oft durchgeführt wird, ist vor allem bei älteren oder schwer vorerkrankten Patienten das Risiko für Komplikationen während und nach der Operation nicht unerheblich. 

Ob offen oder endovaskulär – die Ausschaltung eines Aneurysmas ist hochkomplex und verlangt viel Erfahrung vonseiten des Chirurgen. In der Regel können die Patienten durch den Eingriff jedoch so weit stabilisiert werden, dass eine Ruptur des Gefäßes nicht mehr lebensbedrohlich werden kann. Die Vor- und Nachbereitung einer Aneurysma OP ist sehr aufwändig und kann unter Umständen auch mit einem hohen Risiko (je nach Lage des Aneurysmas) einhergehen.

Zur Vermeidung von Folgeschäden sollten Varizen (Krampfadern) schon frühzeitig entfernt werden. Die Varizenchirurgie hat dafür verschiedene Methoden, wobei in den meisten Fällen nicht die Sklerosierungstherapie sondern lediglich die Operation (Stripping oder Phlebektomie) von den Krankenkassen bezahlt wird. Der Erfolg ist bei einer Operation jedoch langfristig und der Eingriff risikoarm. Wenn es möglich ist, führen Mediziner die Varizen OP ambulant durch. Nach komplikationslosem Abheilen wachsen an der operierten Stelle nur selten neue Krampfadern nach. Auch das Auftreten von assoziierten Ödemen ist nach der OP deutlich geringer. 

 


 3. Operationen bei chronischen Wunden

Die Therapie von chronischen Wunden ist sehr komplex und kann durch eine Operation nur unterstützt oder initiiert werden. In den meisten Fällen sind die Wunden von Keimen besiedelt oder von Nekrosen (totes Gewebe) überzogen. Beide Komponenten verhindern die Heilung. Deshalb ist es wichtig, dass Gefäßmediziner die Wunde reinigen (Debridement) und Nekrosen entfernen. Erst dann können weitere Maßnahmen zur Behandlung der chronischen Wunde eingeleitet werden.

 

Vorbeugung nach einem operativen Eingriff

Nach einer Operation haben Patienten mit Gefäßerkrankungen die Chance, ein Rezidiv (Wiederauftreten) zu verhindern. Dies ist in jedem Fall sinnvoll, denn jede Gefäßerkrankung birgt das Risiko von weiteren Erkrankungen oder Komplikationen wie Amputation, Sepsis, etc. 

Besonders gefährdert sind Menschen, welche mehrere Risikofaktoren aufweisen. Gegen Alter, Geschlecht oder Genetik können wir nichts ausrichten, wohl aber gegen andere Einflüsse. Versuchen Sie deshalb, verschiedene Maßnahmen präventiv durchzuführen:


 Prävention von arteriellen Gefäßerkrankungen

- Nikotinabstinenz
- Einstellung des Blutdrucks
- Normalisierung der Blutzuckerwerte und Blutfettwerte
- Gewichtsreduktion bei Adipositas
- regelmäßige Bewegung
- adäquate Stressbewältigung


 Prävention von venösen Gefäßerkrankungen

- Vermeidung von langem Sitzen und Stehen
- regelmäßige Bewegung
- ausreichend Trinken
- regelmäßiger Stuhlgang
- Förderung der Muskelpumpe in den Waden (kalte Wadengüsse, Treppensteigen)
- Venengymnastik
- Thromboseprophylaxe bei Immobilität
- Kompressionstherapie mittels Strümpfe oder Verbände 
 

 

Fazit

Gefäßerkrankungen sind in Deutschland die häufigsten Ursachen für stationäre Krankenhausaufenthalte, invasive Operationen, schwere Folgeerkrankungen und Tod. Denn arterielle und venöse Veränderungen sind nicht auf ein Körperteil beschränkt, durch den Blutkreislauf werden verschiedenste Zellen im Organismus in Mitleidenschaft gezogen. 

Deshalb ist es wichtig, Gefäßerkrankungen rechtzeitig diagnostizieren und behandeln zu lassen. Spezielle Angiologen oder Gefäßchirurgen nehmen sich den Patienten an und entwickeln ein Behandlungsprogramm, das auf die Bedürfnisse, die Lebensumstände und die Erkrankungen der Betroffenen ausgerichet ist.

Nach einer invasiven oder nicht-invasiven Behandlung bleibt es unabdingbar, das erneute Auftreten von Gefäßerkrankungen zu verhindern. Viele präventive Maßnahmen können die Betroffenen selbst zu Hause im Alltag durchführen. Und wem es etwas schwerer fällt, der findet Unterstützung in den Beratungsstellen der Gefäßzentren. 
 

Aktuelle Artikel

Lymphödem

Das Lymphsystem gilt als das Abwassersystem unseres Körpers: Flüssigkeit mit Abfallstoffen werden in die Lymphknoten transportiert und gesäubert.

Übersteigt die Flüssigkeit die Kapazität dieses Systems, bilden sich Lymphödeme.

Weiterlesen
Lipödem

Ein Lipödem ist eine Störung der Fettverteilung, bei der sich das Fett vor allem an Beinen, Hüfte, Hintern und Armen krankhaft vermehrt.

Erfahren Sie hier mehr über Lipödeme.

Weiterlesen
Lupus Erythematodes

Lupus erythematodes ist eine Autoimmunerkrankung des Bindegewebes und kann unterschiedliche Organe befallen.

Erfahren Sie hier mehr zu Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten von Lupus.

Weiterlesen